Die Vermittlerrolle der Graphik
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Einige Bemerkungen zum Inhalt der Elementen-Suite: »Erde«, »Wasser«, »Feuer«
und »Luft« zeigen jeweils ländliche Pärchen in harmonischen Zustandsbildern. Mit
ihren Attributen — Vogelnest, Gärtnergerät oder Fischernetz — sind sie unmißver-
ständlich, wenn auch gelegentlich die »Luft« als Allegorie des »Frühlings« verwendet
wurde. Allein bei dem »Feuer« kommt eine auffällige Dramatik hinein, hier sind Be-
drohung, Furcht und Flucht in gestenreiche, heftige Bewegungen umgesetzt. Nach
der damaligen Rollenverteilung hat der verständige Mann noch einigen Hausrat zu-
sammengerafft, während die verzweifelte junge Frau mit leeren Händen der Gefahr
enteilt. Nicht ohne Grund hat der unbekannte Stubenmaler, der im holsteinischen
Blieschendorf auf Fehmarn die Schlafkammern eines Bauernhauses ausstattete, diese
Szene bei den Elementen ausgelassen!’.
Das Beispiel »Feuer« mag hier in verschiedenen Medien untersucht werden. Die
Elementen-Folge ist, wie die anderen auch, durch einige bekannte Stecher des 18.
Jahrhunderts bearbeitet worden. Vermutlich war es zunächst JosePH WAGNER
(1706-1780), der nach Venedig zog und mit seinen meisterhaften Stichen ab 1739
nicht nur für seinen Freund Amıconı, sondern auch für die anderen italienischen Ma-
ler die Reproduktion ihrer Werke übernahm. Diese Stiche fanden ihre Nachahmung
durch den Augsburger JOHANN GEORG HERTEL (1700-1775) und den Nürnberger
GEorG Danızı Heumann (1691-1759). Ihre Werke wiesen bereits sehr unterschied-
liche Qualitäten auf!®,
Auch im Ausland wurde nachgestochen. Der Londoner Kupferdrucker C. Dicey
richtete sich nach WaAGner, die Blätter erschienen dort um 1760 seitenverkehrt*?. Zu
dieser Zeit waren noch die Brüder JOHN & CARRINGTON BowLEs als Map & Printseller
in St. Paul’s Church Yard tätig. Sie brachten, wie auch ihre Nachfolger Bowıes &
CARVER um 1785, eine Serie nach AmIGonı heraus?, Pigler erwähnt ferner eine
Schabkunstfolge von dem Pariser JEAN SIMON (1675-1751)?
Die Ausführung der Reproduktionsstiche zeigt eine Skala von Möglichkeiten auf.
Als erster und privilegierter Stecher muß JosePH WAGNER in Venedig angenommen
werden. Durch den Erfolg veranlaßt, gab er eine zweite Suite heraus, die er mit Vor-
dergrundfiguren anreicherte. An Wagner orientierten sich alle weiteren Kupferstich-
manufakturen und setzten sie auf ihre Weise für ihre Käuferschicht um.
Der Augsburger Stecher GEORG HerrTeL brachte mit dem deutschen und lateini-
schen Titel und begleitenden Versen eine didaktische Note hinein, wie er es häufig
17 KAMPHAUSEN, ALFRED: Französische Malereien auf Fehmarn. In: Aus dem Schleswig-Hol-
steinischen Freilichtmuseum H. 7. Neumünster 1970, S. 27-31.
1 Döry, LuDwIG BARON von: Katalog der Ornamentstichsammlung des Museums für Kunst
und Gewerbe Hamburg. Hamburg 1960, No. 669. Einzelexemplare und komplette Reihen
sind in allen größeren Kupferstichkabinetten Europas vorhanden.
19 A Dictionary of the Printers & Bookseller who were at work in England, Scotland & Irland
1726-1775. Oxford University Press.
©% Catchpenny Prints. 163 Popular Engravings from the Eighteenth Century. Dover Publica-
tions Inc. New York 1970. — LAMBART, Susan: The Image Multiplied. Five centuries of printed
reproductions of painting and drawings. London 1987, S. 145.
21 PıGLER, A[uDorR]: Barockthemen. Budapest 1956, II, S. 480-495.