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Volltext: Jahrbuch für Volkskunde, 15.1992 N.F.

Über das Entdecken, Sammeln und Interpretieren 
eines Gegenstandes der »Volkskunst« 
Die erfundene Tradition der Lötschentaler Masken* 
Werner Bellwald 
[n Lötschen, einem Seitental des Oberwallis, treffen in den vier Dörfern Ferden, Kippel, 
Wiler und Blatten 1500 EinwohnerInnen und jährlich weit über eine Million TouristIn- 
1en zusammen. Gleichzeitig ist Lötschen, zusammen mit der Innerschweiz und dem 
Sarganserland, als eines der drei typischen Schweizer Gebiete mit Holzmasken bekannt. 
Nachdem das Thema »Volkskunst« im Rahmen dieser Veranstaltung vor allem in theo- 
retischen Erörterungen eingekreist worden ist, möchte ich nun eine dieser Maskenland- 
schaften als konkretes Fallbeispiel vorführen. Zunächst werde ich das in Literatur, Inter- 
views, Archiv- und Museumsrecherchen gewonnene Material ausbreiten und hoffe, daß 
die Details zu Fragen von allgemeiner Relevanz vorstoßen!. 
Beim Shopping auf dem Flughafen erachtet der amerikanische »Europe in 
ten days«-Tourist die Maske als typisch für den Kontinent. Der deutsche Fe- 
riengast kauft »dieselbe« Maske im Berner Oberland als eine typisch schwei- 
zerische. Vielleicht wird sie ein Zürcher im Geschäftslokal des Heimatwer- 
kes als Walliser Maske erwerben. Der Walliser Kunde erkennt sie als Löt- 
schentaler Maske, während im Tale ein Einheimischer bemerkt: »Das ist 
eine Souvenirlarve aus Wiler, in keinem anderen Dorf stellen sie solche Mas- 
senware her!« 
Die Geschichte könnte erfunden sein, spielt sich aber tagtäglich mehrfach 
ab, sei es auf dem Flughafen Zürich, im Heimatwerk in Basel oder bei einem 
Schnitzer in Lötschen selbst. Der auf den Markt geworfene Artikel bildet 
Kreise von unterschiedlicher Reichweite und Bedeutungsinhalten, die mit 
zunehmender Entfernung verwässert werden. Im folgenden möchte ich das 
Epizentrum dieses multikulturellen Schachtsumpfes ausloten und stratigra- 
fisch die Entwicklung wissenschaftlicher und populärwissenschaftlicher An- 
sichten zu Tage fördern. Es stellen sich verschiedenartige Fragen: Wie 
konnte sich aus einem geographisch begrenzten Gebiet ein einzelner Gegen- 
stand der Volkskultur zum Stellvertreterobjekt eines ganzen Schweizer 
Kantons emporschwingen, um schließlich als Schweizer Maske schlechthin 
bekannt zu werden, ohne die seit Jahrzehnten keine größere Abhandlung 
* Auf der Generalversammlung der Görres-Gesellschaft in Freiburg/Br. am 1. 10. 1991 gehal 
tenes Referat. 
ı Im Rahmen einer in Arbeit befindlichen Dissertation werden die folgenden Fragestellungen 
vertieft und auf weitere Untersuchungsgebiete ausgedehnt.
	        
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