Buchbesprechungen 307
terrepräsentierten Region, sondern auch â und das eben durch seine Vollständigkeit â eine nütz-
liche und verläÃliche Arbeitsgrundlage für weitere Analysen und vergleichende Studien.
Tilman Lenssen-Erz
Strathern, M. (ed.): Dealing with inequality. Analysing gender relations in Melanesia and
beyond. 325 Seiten. Cambridge: Cambridge University Press, 1987.
Die âResearch School of Pacific Studiesâ der Australian National University hat in den Jah-
ren 1983-84 mehreren Ethnologen und Ethnologinnen die Môglichkeit gegeben, an einem ge-
meinsamen Thema zu arbeiten: Die Geschlechterbeziehungen im Südwest-Pazifik, Ideologie,
Politik und Produktion. Bei diesem Projekt waren Forscher und Forscherinnen mit Arbeiten in
Australien, Indonesien und Melanesien vertreten. Nicht alle der an der Projektgruppe Beteilig-
ten sind in dem von Marilyn Strathern herausgegebenen Buch vertreten.
In der Einführung weist Strathern darauf hin, daà das Werk weit verbreitete Vorgehenswei-
sen bei der Untersuchung von Ungleichheiten aufzeigen soll. Die Mehrzahl der Studien ist aus
Melanesien, je ein Beispiel stammt aus Ostindonesien und aus Mexiko. Die meisten der hier be-
sprochenen Gesellschaften haben einen egalitären Aufbau mit einer oft sehr starken Ungleich-
heit zwischen Männern und Frauen. Diese Ungleichheit wurde oft in der Verteilung von Beloh-
nung und Prestige, aber auch in der Beteiligung an öffentlichen Zeremonien usw. gesehen. Die
Beziehungen zwischen Männern und Frauen erscheinen als die Hauptursache und das Haupter-
gebnis der Ungleichheit.
Ein grundsätzliches Problem bei den in diesem Band zusammengestellten Untersuchungen
ist das Fehlen einer gemeinsamen Basis der Definition des Begriffes âUngleichheitâ. Ferner sind
auch nicht die gleichen Strukturen in den Gesellschaften in die Untersuchung einbezogen wor-
den. Dadurch wird ein Vergleich der Ergebnisse erschwert. Strathern betont, daà gerade bei
dem Begriff âUngleichheitâ unsere westlichen Vorstellungen einflieÃen. Es wird auch nicht der
Verdacht ausgeklammert, daà eine Diskussion um ihrer selbst willen geführt wird. Strathern
vergleicht die Beschäftigung mit âgenderâ mit den früheren Auseinandersetzungen um Deszen-
denz oder Recht innerhalb der Ethnologie. Seit 1983 würde diese âgenderâ-Diskussion als
Arena für die Darstellung der Fähigkeiten der ethnologischen Disziplin benutzt. Bei diesem
Thema kämen jedoch zusätzlich Einflüsse von auÃen hinzu, z. B. von seiten der Frauenbewe-
gung und von Theorien von Feministinnen. Zusammenfassend wird hier das Phänomen âUn-
gleichheitâ unter folgenden Gesichtspunkten gesehen: 1. Ungleichheit in der Perspektive der
subjektiven Erfahrung, z. B. bei den Selbst-Entwürfen von Kwaio-Frauen, 2. Ungleichheit im
Bereich von Handlungen, und 3. Ungleichheit auf dem Gebiet der Vorstellungen, wie z. B. bei
den Kodi im Falle der Totenritual-Symbolik. 4. Zu einem weiteren Problemfeld kommt Stra-
thern über die Diskussion des Begriffes âagencyâ, mit Fragen vor allem nach den individuellen
Handlungsträgern und nach Persönlichkeit. Es stellt sich die Frage, wie von den Betroffenen so-
ziale Wirkungen wahrgenommen werden, wie kulturelle Systeme Verantwortung und Fähig-
keiten zuordnen.
Der Aufsatz von Roger M. Keesing über die Kwaio (Salomo-Inseln) beruht auf den Selbst-
zeugnissen von 15 Frauen, die jedoch mehr modellhafte Texte über âdas Leben einer Frau* ge-
geben haben. So entsteht nicht etwa eine Gegenwelt zu derjenigen der Mánner, die Frauen be-
státigen die von den Männern gegebenen Regeln. Während sich die Frauen als die Bewahrerin-
nen der Tradition darstellen, betrachten sich die Männer als besonders aktiv in dem Erhalten der