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Berichte und Kommentare
Anthropos 92.1997
tenlänge vorherrschen, legt man am mittleren und
oberen Simbu bei einer Hanglage bis zu 45° und
mehr bevorzugt terrassierte Gärten (kongun pongi
giu si yailkwa) an, die von einem oder mehreren
vertikal verlaufenden Abzugsgräben (durugl) und
kleineren Gräben parallel zu den Terrassen (pongi
giu) durchzogen werden. Die Stufen der Terrassen
werden aus Astabschnitten und biegsamen Zwei
gen von Bäumen und Sträuchern wie Acalypha
sp. (mingai), Dodonaea viscosa (gandin), Saurauia
spp. (gigle gugl), Claoxylon sp. (moiwo) und Ficus
sp. (perum) angefertigt und sind 25 bis 35 cm
hoch. In diesen von den Männern angelegten und
umzäunten Gärten werden vorwiegend Süßkartof
feln (wai, ogai, kaya, ka) gepflanzt. Die Frauen
häufen die Erde mit dem Grabstock (ikan) etwa
25 bis 30 cm hoch an und pflanzen in die Mitte
eine Handvoll Süßkartoffelranken (wai kane, ka
kane). Die Anhäufungen (wai komb, ka kombü)
liegen in Reihen nebeneinander und nehmen den
gesamten Garten ein. Anders als die Enga-Frauen
jäten (tugl erikwa) die Simbu-Frauen ihre Gärten
nicht regelmäßig während des Wachstums. Wenn
sie Süßkartoffeln ernten (wai wagingwa), jäten sie
das auf dem Boden kriechende Gras, Digitaria spp.
(kugl miugl), Arthraxon sp. (bugla miugle kugl),
Ichnanthus vicinus (miugl paglkane), und legen es
als Unterlage in ihre Tragnetze (gagl), damit die
kleinen “Schweinesüßkartoffeln” (bugla wai) nicht
durch die Maschen fallen. In der Mitte oder am
unteren Ende des Gartens, wo der Boden ebener ist
und die Sonne länger verweilt (ande mai yongwa),
pflegen die Männer kleine Zuckerrohr- und Bana
nenpflanzungen anzulegen (bo kambe yailkwa).
Abb. 1: Gartenanlage am oberen Simbu
Die Mehrzahl der Gärten am oberen Simbu liegt
in Hanglage (dange yongwa) oder auf Bergkuppen
(yongo muglo), steile Erdabhänge (makan bindai)
dagegen sind ungeeignet für den Gartenbau (Abb.
1). Als beste Lage gilt, wo “die Sonne eben liegt”
(ande mai yongwa), insbesondere wenn sie vormit
tags scheint (ande koragle sungwa).
Bemerkenswert ist die traditionelle Forstwirt
schaft der Simbu mit der Hochland-Kasuarine
yaglbane (Casurina oligodon Johnson), mit der sie
mehr als die Hälfte ihres Feuerholzbedarfs decken.
An der einen oder anderen Seite der Süßkartoffel
gärten werden hier und da Schößlinge der Kasua
rine (yaglbane imbo yailkwa) gepflanzt, und nach
einigen Jahren, wenn die Bäume 8 bis 10 m hoch
sind, werden deren Kronen und Äste gekappt, so
daß sie absterben (yaglbane gogl kagle buthdi).
Die Stämme bleiben als Vorrat an Feuer- und Bau
holz in den Gärten stehen (Brookfield and Brown
1963: 44; Sterly 1990: 27 f.).
Mit dem Ernten der Süßkartoffelknollen kann
zwischen 1.400 und 2.700 m je nach der Höhen
lage nach 4 bis 12 oder 16 Monaten begonnen
werden. Ein Garten bleibt etwa für die Dauer eines
Jahres ertragreich und kann dann wiederbepflanzt
werden. Nach zwei- oder dreimaliger Wiederbe
pflanzung wird der Zaun (togl) geöffnet und die
Schweine (bugla) fressen die Ranken und die letz
ten Süßkartoffeln und wühlen den Boden um. Der
Garten kann dann entweder brachliegen bleiben
oder nochmals bepflanzt werden.
Die Nahrung (wai mogona) der Simbu besteht
zu 60 bis 70% aus Süßkartoffeln. Es gibt zahlrei
che Spielarten, die sich nach der Form der Blätter
und der Form, Farbe und Konsistenz der Knol
len unterscheiden und eigene Namen haben, die
jeweils im Wort “Frau” (ambu) enden.
Gemüse (mogona) wird von den Frauen in ih
ren Hausgärten (ingumuglo mogona) oder in neu
angelegten und gemischten Gärten (wai mogona
fang)) gezogen. Die kultivierten Gemüsearten sind
die gleichen wie die der Hagenberg-Leute und
der Enga. Eine Spezialität der Frauen am oberen
Simbu sind die eingeführten Pferdebohnen (Vicia
faba L.), die sie “Baumbohnen” (ende bin) nen
nen und in ihren Haus- und Gemüsegärten ziehen.
Als “cash crop” wird am mittleren Wahgi und
am unteren und mittleren Simbu zwischen 1.400
und 1.900 m seit 1954 Kaffee angebaut. Pyrethrum
wurde 1963 von der Landwirtschaftsbehörde ein
geführt, aber nach wenigen Jahren wieder auf gege
ben, da sich herausstellte, daß die Einnahmen im
Verhältnis zum Arbeitsaufwand zu gering waren
(Sterly 1980: 339 f.).
Versuchsgärten am oberen Simbu im Jahre 1975
Im April 1975 legte ich in Gandigl muglo am obe
ren Simbu in 2.190 m Höhe auf rötlichem, wenig
fruchtbarem Boden (makan bogl) einen Versuchs
garten an und nahm dort während des Südwin
ters von Anfang Mai bis Ende Oktober Messun
gen der Bodentemperatur, der Lufttemperatur und
des Niederschlags vor. Ich prüfte drei Anbau ver
fahren: ein gemulchtes Langbeet (komb olto),