Volltext: Anthropos, 78.1983,1-4

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Rainer Waßner 
Anthropos 78.1983 
Zeitraum von drei Jahrzehnten umspannen 2 , befaßt er sich mit den Gegen 
ständen der Religionswissenschaft (Aberglaube, Magie, Religion, Symbol 
systeme) in rar gewordener Profundität. Seine Quellen entnimmt er der gan 
zen Breite der Kulturwissenschaften; Ethnologie und Volkskunde, Klassische 
Philologie, Geschichtswissenschaft, Psychologie und Psychiatrie, Ethnographie 
und Philosophie, Religionswissenschaft und Soziologie; auch die Belletristik 
fehlt nicht; und er rezipiert sie im deutschen, angelsächsischen, französischen 
und altklassischen Original. Eine enzyklopädische Natur, läßt er sich viel 
leicht mit Max Weber vergleichen, geht aber insoweit über ihn hinaus, als er 
selbst Feldforschungen in Süditalien durchgeführt hat. De Martino vermochte 
hingegen nicht — hier zieht er nicht mit Max Weber gleich — seine unmittel 
baren Forschungsinteressen über die an den symbolischen und zeremoniel 
len Systemen hinauszutragen. 3 In Italien hat er sich hauptsächlich einen Na 
men gemacht durch die Einbeziehung der Folklore des südlichen Landes 
teils in den Forschungsbereich einer laizistischen, historiographischen Re 
ligionswissenschaft und die akademische Etablierung dieses Standpunktes. 4 
Noch in den fünfziger Jahren wurde er in seinem Land kaum diskutiert (vgl. 
Gallini 1977: LXIX ff.); heute übergeht ihn keine Fachnotiz mehr, was nicht 
heißt, daß die Interpretationen seines Opus alle in die gleiche Richtung 
gingen. 5 Die schwache Rezeption im Ausland dürfte vorwiegend durch 
die Sprachbarriere bedingt sein, 6 gewiß auch, weil uns das inneritalienische 
Nord-Süd-Problem wenig vertraut ist. — Meine Darstellung will de Martino 
lediglich bekanntmachen und zu weiterem Kennenlemen anregen. Die Dar 
stellung der übrigen religionsethnologischen und kulturanthropologischen 
Szene in Italien wird dagegen bewußt vernachlässigt und beschränkt sich auf 
das Schlußkapitel. 
2 Vollständige Bibliographie in C. Barbati, G. Mingozzi und A. Rossi 1978: 147ff. 
— Es handelt sich um 9 Bücher, 39 Zeitschriftenaufsätze, 20 Rezensionen und 8 Einlei 
tungen zu Büchern anderer Autoren. Diesem Bändchen entnehme ich auch die lebensge 
schichtlichen Angaben zu de Martino. 
3 Clara Gallini, eine seiner langjährigen Mitarbeiterinnen, macht dafür eine Art 
Haß-Liebe zum Irrationalen verantwortlich (Introduzione zu Ernesto de Martino 1977a: 
XLII). 
4 Vgl. Patrizia Garaguso 1976; Francesco Remotti 1978; — siehe unten, auch Ab 
schnitt 8. 
5 Am interessantesten finde ich die Interpretationen zu Neuauflagen und zu post 
humen Schriften de Martinos: Clara Gallini zu 1977a; Luigi M. Lombardi Satriani zu 
1980a; C. Cases zu ,,I1 mondo magico“, 3. Aufl. 1973; in der 2. Aufl. von 1958 finden 
sich im Anhang mehrere als Kommentar zur 1. Aufl. erschienene Beiträge, u.a. von Bene 
detto Croce und Raffaele Pettazzoni. — Ferner Carlo Prandi 1977: 91 ff.; G. Galasso 
1969: 222ff.; Sandro Barbera 1981: 162ff. — Überall dort weitere Literaturhinweise; 
zu Lan ternari siehe unten Abschnitt 8. 
6 „Sud e magia“ (19805) wurde ins Französische,„Magia e civiltà“ ins Spanische 
übersetzt. Drei Aufsätze liegen in deutscher Sprache vor: 1942 und 1961 als Original 
beiträge; als Übersetzungins Deutsche: 1965.
	        
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