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Buchbesprechungen
lienarchiv befindlichen Zeichnungen und
Aquarelle. Neben den Illustrationen, die in
den beiden oben genannten Manuskripten
enthalten sind, besitzt das Archiv 146 lose
Blätter. Nicht weniger als 46 dieser Blätter
behandeln ethnographisch wichtige Themen,
dodi sind bisher nur 21 von ihnen durch die
Veröffentlichung bekannt gewesen. Die Wie
dergaben sind dabei dem Geschmack und
dem Schönheitsideal der damaligen Zeit in
einem so erheblichen Grade angepaßt wor
den, daß der Prinz selbst „einige Unrichtig
keiten“ rügte. Bei den auch heute noch so
vielbewunderten Stichen handelt es sich also,
wie Josef Röder treffend erklärt, im Grunde
um „wohlgemeinte Fälschungen“, deren wis
senschaftlicher Wert weit unter dem der
wiederaufgefundenen Originale steht!
Das im Wiedschen Archiv erhaltene Bra
silienmaterial wird in dem von Hermann
Trimborn und Josef Röder herausgegebenen
Band näher untersucht. Der allgemein
orientierenden Einleitung H. Trimborns folgt
eine kurze Biographie des großen Reisenden
durch Karl Viktor Prinz zu Wied (S. 13—25).
Josef Röder ist nicht nur eine Übersicht über
die Brasilien behandelnden Handschriften
(S. 26—31), sondern auch über den zeichne
rischen Nachlaß der Brasilienreise (S. 109
bis 115) zu verdanken. Josefine Huppertz
hat sich der Aufgabe unterzogen, die Ab
weichungen der Manuskripte gegenüber der
im Druck vorliegenden Fassung zusammen
zustellen (S. 32—79), wobei anhangsweise
alle vom Prinzen gesammelten Sprachproben
der Botokuden zu einem kleinen Vokabular
vereinigt worden sind, während Udo Oberem
die Zeichnungen und Aquaralle mit ethno
graphischen Erläuterungen versehen hat
(S. 116—136).
Sechs bisher unbekannte Zeichnungen, die
sich im „Tagebuch“ des Prinzen befinden,
sowie sieben Originalskizzen seines Reise
begleiters Schellow sind in dem Band wie
dergegeben. 42 bunte Tafeln, auf denen 39
Zeichnungen Maximilians, zwei eigenhän
dige Umzeichnungen aus dem „Tagebuch“,
sowie ein Bildnis des nach Deutschland mit
geführten Botokuden Quätk dargeboten sind,
bilden den Inhalt einer gesondert erschiene
nen Bildermappe. Damit sind der Forschung
alle völkerkundlich oder anthropologisch be
deutsamen Bilder der Brasilienreise in ihrer
ursprünglichen, unverfälschten Fassung zu
gänglich geworden. G. Kutscher
KARL LAMAN:
The Kongo. Studia Ethnographien Upsa-
liensia. IV.,155 pp. Uppsala 1953.
Der 1944 verstorbene schwedische Missio
nar Karl Edward Laman, der von 1891 bis
1919 am unteren Kongo weilte, hat in sei
nem Nachlaß eine profunde Monographie
hinterlassen — von der der vorliegende
Band nur etwa J4 des Gesamtumfanges dar
stellt.
Sture Lagercrantz war wohl beraten, als
er sich entschloß, sich dieses Nachlasses an
zunehmen und ihn nach entsprechender
Durchsicht zu veröffentlichen. Es ist heute
nicht mehr alles neu, was Laman schreibt, das
ist naturgemäß unmöglich. Aber nach der
jetzt vorliegenden Probe kann festgestellt
werden, daß deutscherseits nur Pechuel-
Loesche mit seiner klassischen „Volkskunde
vom Loango“ mit Laman, was die intime
Stoffkenntnis angeht, verglichen werden
kann. Im Darstellerischen erreicht der Verf.
Pechuel-Loesche allerdings nicht.
Dafür ergänzt er ihn, indem er sich im
wesentlichen auf die Basundi bezieht, wäh
rend sich der deutsche Autor bei den Bavili
aufgehalten hat.
In insgesamt 12 systematischen Abschnit
ten wird über das Land, die Geschichte, die
Basundi, die älteren Clan-Traditionen, die
Clane, die Einwohner insgesamt, die Nah
rungsmittel, die Körperpflege, den Hausbau,
die Beschäftigungsarten zum Lebensunter
halt (Jagd, Fischfang, Pflanzen), sowie über
Handwerk und Handel berichtet.
Die Sundi gehören der eingewanderten
Herrenschicht an, der auch die Kongo im en
geren Sinne zuzurechnen sind — das beweist,
wie L. ausführt, nicht nur die gemeinsame
Sprache, sondern auch das Clan-System.
Diese ganze Gruppe ist vermutlich nicht
allzulange vor dem Eintreffen der Portu
giesen vom Kwango her zur Küste vorge
stoßen und hat dabei auch in Teilen den
Kongo-Fluß überquert — so daß sie heute
zwischen Atlantik und Mpumba (Stanley
Pool) zu beiden Seiten des großen Flusses
wohnen.
Der Hinweis des Verf., daß die Stammes
bezeichnung „Kongo“ mit „nkongo“, d. h.
„Jäger“ nichts zu tun hat, sondern mit
Kongo = Wurfmesser, groß, mächtig, ist
geeignet, die bisherige Auffassung von den