Anth
tropos 79.1984
Rezensionen
Aarni, Teddy. The Kalunga Concept in Ovambo
Religion from 1870 Onwards. (Acta Universitatis Stockhol-
ntiensis - Stockholm Studies in Comparative Religion, 22.)
166pp., illustr. Stockholm 1982. Almqvist & Wikseil. Price:
Sw.kr. 80,-.
Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich offensicht
lich um eine Examensarbeit in vergleichender Religionswis
senschaft der Universität Stockholm. Im Vorwort erwähnt
der Autor, daß er der Sohn eines Missionarsehepaares ist, das
fast 40 Jahre im Dienste der Finnischen Missionsgesellschaft
m Ovamboland, Namibien, tätig war.
Diese beiden Punkte halte ich für das Verständnis der
Arbeit wichtig: Bei einer Examensarbeit sind einige Unzu-
länglichkeiten verständlich; andererseits erklärt die missiona
rische Herkunft eine gewisse Distanz gegenüber traditionell
gesinnten Missionaren - die eigenen Eltern nicht ausgenom
men. Wie ich glaube, ein positiver Standpunkt des Autors.
Um das Gesamturteil gleich vorwegzunehmen: die
Studie ist für die Erforschung der Bantu-Religionen, und
z umal der Gottesidee der Bantu, von großem Wert. Der
Autor hat nicht nur Feldforschung in Ovamboland betrie-
be n, sondern hat sich auch in Angola umgesehen. Er hat viele
Veteranen des Missionswerkes - Afrikaner wie Europäer -
befragt; die einschlägige Literatur hat er gründlich durchge-
ar beitet. Einen ganz besonderen Wert der Arbeit sehe ich
darin, daß der Autor die entsprechenden Missionsarchive
benutzt und alte Texte in für uns Mitteleuropäer nicht ohne
Weiteres lesbaren nordischen Sprachen ins Englische über-
S£ tzt hat. Manch wertvoller Hinweis für das Studium der
bantu-Religionen ist darin enthalten.
Hier seien gleich einige Bemerkungen zur äußeren
Organisation der Arbeit gemacht. Die Bibliographie erfüllt
nicht alle Wünsche: sie ist unvollständig und teilweise
Un genau. So z. B. fehlt die Arbeit von J. Raum aus dem Jahre
f^04, die im Text (84—85 und 129) erwähnt wird. Die
Bibliographie weist auch einen Artikel von Leopold Walk
aus dem Jahre 1928 auf, erschienen im Anthropos. Der Titel
es Artikels wird aber nicht genannt. Nun hat aber Walk
f^28 zwei Artikel im Anthropos veröffentlicht; welcher ist
gemeint, vielleicht sogar beide? - Übrigens soll laut Autoren-
ndex L. Walk auf Seite 128 genannt sein; doch dort ist der
r^arne nicht auffindbar.
Als Dienst am Leser wäre es auch begrüßenswert
gewesen, wenn der Autor im Literaturverzeichnis den
rtikeln (in Zeitschriften und Sammelwerken) die Seitenzahl
Dei gegeben hätte. Wer verfügt schon über eine derart
’amfangreiche Bibliothek, daß er sich nicht gelegentlich einen
rt ikel besorgen lassen müßte! Bei neueren, weniger
bekannten Werken wäre es auch vorteilhaft gewesen, den
Verlag zu nennen, zumal, wenn es sich um in Afrika
erschienene Bücher handelt. Man könnte sich dann leichter
diese Bücher bestellen. Aus Ersparnisgründen bringt man
heute die Fußnoten gerne am Ende eines Kapitels; dies ist
verständlich. Es würde aber viel Nachschlagearbeit ersparen,
wenn man einem Zitat, zumal wenn der Name des Autors
bereits genannt ist, die Jahreszahl und die Seitenzahl beifügte
und nur bei längeren Ausführungen auf die Fußnoten
verwiese. - Es haben sich auch eine Reihe Druckfehler
eingeschlichen, die bisweilen sinnentstellend sind, so z. B.
wenn Brinckers Artikel von 1895 in Globus 67: 35 in Note 30
als von 1896, Globus 187 angeführt wird.
Diese Ungenauigkeiten habe ich nicht systematisch
aufgespürt, sondern sie fielen nur durch gelegentliches
Nachschlagen auf. Sie kosten den Benutzer viel Zeit, und
bisweilen kommt der Leser auch nach eifrigem Suchen nicht
an sein Ziel.
Doch lassen wir die äußere Form und befassen wir uns
mit dem Inhalt. Wie schon der Titel des Werkes besagt, will
unser Autor den Kalunga-Begriff der Ovambo ab 1870
darstellen, also etwa ab der Zeit, da europäische Missionare
über die Religion der Ovambo schrieben. Man weiß aber, wie
schwierig es ist, in einer oralen Gesellschaft diachronische
Aussagen zu machen. Aarni versucht denn auch kaum,
Informanten und Informationsmaterial in zeitliche Schichten
zu ordnen, obgleich es sein Ziel ist, ein möglichst traditio
nelles Kalunga-Ri\d zu entwerfen. Nur gelegentlich macht er
zeitliche Angaben, so etwa, wenn er sagt, Sprichwörter und
Dikta reichten höchstens bis 1890 zurück (122), oder wenn er
bestimmte Ausdrücke der frühen portugiesischen Mission in
Angola zuweist (119-120).
Die Ovambo wurden intensiver als andere Ethnien jener
Region missioniert. Man weiß aber aus der Missionsge
schichte Bantu-Afrikas, daß das Christentum vor allem auf
den Gottesglauben, die Schöpfungslehre und einige andere
Themen ganz besonderen Einfluß nahm. Offensichtlich
boten die traditionellen Religionen diesbezüglich nicht genü
gend Informationen. Dies besagt natürlich auch, daß es
überaus schwer ist, über den Gottesglauben der Ovambo zu
schreiben: die über hundert Jahre alte christliche Mission hat
sicher Kalunga auf ein biblisches Gottesbild hin verändert.
Man muß Aarnis Arbeit vor diesem Hintergrund sehen.
Es ist auch positiv anzumerken, daß Aarni nicht wie manche
Autoren, besonders Afrikaner, das gegenwärtige (von Chri
stentum und/oder Islam beeinflußte) Gottesbild darstellt und
dieses dann als ursprünglich afrikanisches in die Vergangen
heit projiziert. - Obgleich ich mir des Schwierigkeitsgrades,