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Herta Haselberger
Zeremonien der Mahi dienen. Die figürlichen Darstellungen (Abb. 17), die in diese
Tupfenfelder eingeschlossen sind, gehen gegenständlich auf die Mahi bzw. Fon zurück.
Die kleinen, stark schematisierten Figürchen sind aus schlichten Linien zusammen
gesetzt. Man sieht Könige in Sänften mit ihrem Gefolge, heilige Thronsessel, wie sie in
Dahomey in Verwendung stehen, die Dan-Schlange, die von den Fon verehrt wird,
und ähnliche Motive.
Schwarz-weiß-rot getupfte Flechtmatten verhüllen oft die Tempeleingänge.
Über dem magischen Tor, das den Zutritt zum Tempelbezirk anzeichnet, sind mit
Farbtupfen besprengte Gegenstände aufgehängt. Neben den Tempeltoren werden Rip
pen von Palmwedeln, die man mit roten, weißen und schwarzen Farbtupfen und mit
den Federn von Hühneropfern bedeckt, in den Boden gesteckt, um dem Bösen den
Zutritt zum heiligen Bezirk zu verwehren. Diese Gebräuche sprechen für eine sakrale
Auffassung der Farben.
In Dahomey heben sich also, wie gezeigt, zwei große Stilgruppen des Bauschmucks
sehr deutlich voneinander ab. Zur ersten Stilgruppe gehören die bei den Somba,
Tamba, Pila-Pila, mehreren altertümlichen Nago-Gruppen wie denSha, Manigriundbei
anderen (von mir nicht besuchten) Völkern in Nord- und Mitteldahomey verbreiteten
Gravierungen und Malereien, die ausschließlich von den Frauen hergestellt werden.
Die Malerinnen verwenden bräunliche, rote, weiße und schwarze Farbtöne. Die Zier
muster, deren Bedeutung wahrscheinlich weitgehend profan und dekorativ ist, setzten
sich meist aus einfachen, geradlinigen Motiven zusammen, die im „unendlichen Rapport“
rhythmisch wiederholt werden und deren Ausführung nur geringe individuelle Ab
weichungen gestattet. Heute allerdings werden diesem traditionellen Flächenschmuck
der Frauen bisweilen figurale Darstellungen eingefügt.
Im Gegensatz zu dem sehr einheitlichen Stilgebiet der von den Frauen hergestellten
architektonischen Zierkunst findet man bei den Yoruba-Völkern der Dassa, Holli und
Sabe sowie bei den Fon und Gun modellierten, textilen oder in bunten Farben gemal
ten, von den Männern hergestellten Bauschmuck. Dieser Zierstil, der vor allem in den
küstennäheren Gebieten der Republik Dahomey zu finden ist, beschränkt sich im
Gegensatz zur weiter oben besprochenen Wandzierkunst der Frauen, die hauptsäch
lich an Wohnhäusern zu finden ist, auf Kultbauten oder Gebäude, die für den König
und seinen Hof bestimmt sind. Die Linienführung der Zeichnungen, Reliefs bzw.
Stickereien ist bemerkenswert freizügig, und der Erfindungsgabe sind durch die Tra
dition nur wenige Schranken gesetzt. Jeder Künstler erfindet selbst neue Ziermotive,
meist gegenständlich-figuraler Art, die z. T. symbolisch-allegorische Bedeutung be
sitzen.
Literatur
Herskovits, M. /., 1938. Dahomey, an Ancient West African Kingdom, 2. Vols. New
York.
Meyerowitz, E. L. R., 1944. The Museum in the Royal Palaces at Abomey, Dahomey;
in: Burlington Magacine 1944/11, 147 ff.
Verger, P., 1954. Dieux d’Afrique, Paris.
Waterlot, E. G., 1926. Les Bas-reliefs des bâtiments royaux d’ Abomey. Travaux et
Mémoires de l’Institut d’Ethnologie, VH. 1. Paris.