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Buchbesprechungen
sich daraus später meist eine Schizophrenie
entwickelt hat. Das läßt an die Befunde von
Conrad denken, die dieser kürzlich in seiner
Monographie über die beginnende Schizo
phrenie publiziert hat. Sehr wesentlich er
scheint auch die Beobachtung, daß die Depres
sionen — im Gegensatz zu dem, was öfter in
der Literatur bemerkt wird — bei Negern
keineswegs selten seien, daß sie aber nicht als
Erkrankung angesehen würden und deswegen
eben selten in psychiatrische Behandlung
kämen. Interessant sind auch die Beobach
tungen, daß Zwangsneurosen in ihrem Kran
kengut sehr selten sind. Das ist auch von an
deren Autoren (z. B. von Carothers, J. C.,
The African Mind in Health and Disease,
1953) bereits berichtet worden und wird von
Carothers auf die Tatsache zurückgeführt,
daß im durchschnittlichen Leben des afrikani
schen Eingeborenen Irituale ohnedies schon
eine sehr große Rolle spielten, so daß es gar
nicht zum Entstehen von Zwangssymptomatik
komme. Sehr bemerkenswert scheinen noch die
Beobachtungen von Frau Field über die Häu
figkeit paranoischer Reaktionsweisen bei
ihrem Krankengut und über die Zusammen
hänge, die zwischen Schizophrenie und Bil
dung bestehen könnten. Bei der Schilderung
von schizophrenen Patienten fällt auf, daß
bei allen milieubedingten Unterschieden in der
Ausprägung der Symptomatik die Krank
heitsbilder und die Verläufe im Grunde doch
sehr den bei uns beobachteten gleichen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß
es sich bei der Arbeit von Frau Field um ein
sowohl für den Psychiater wie auch für den
Ethnologen außerordentlich wertvolles Buch
handelt.
W. Korn
EFRAIM ANDERSSON:
Messianic Populär Movements in the Lower
Congo. (Studia Ethnographica Upsaliensia
XIV.) Uppsala: Almqvist & Wikseis 1958.
XIII + 287 S., 4 Tafeln, 14 Zeichnungen.
Preis: Schw. Kr. 75.—.
Die vorliegende Untersuchung befaßt sich
mit prophetischen und messianischen Bewe
gungen im Gebiete des Kongo-Unterlaufes,
wobei sowohl Gebiete der Republik Kongo
(Bas Congo und Leopoldville) als auch der
Äquator-Union (Südteil von Moyen Congo,
besonders Pool, Niari und Pointe Noire) ein
bezogen sind. Fast ausschließlich werden jün
gere messianische Bewegungen behandelt:
Ausgangspunkt der Untersuchung sind Simon
Kimbangu und der von ihm ausgelöste Ngun-
zismus (1921—1924 und in den dreißiger
Jahren). Auf diese Bewegung gehen alle spä
teren Bewegungen mehr oder weniger zurück.
Das Wort „ngunza“ bedeutet Prophet. Der
„ngunza“ ist das Medium seines Gottes.
Simon Kimbangu fühlte sich von Gott be
rufen durch eine Reihe von Träumen und
Visionen. Mancherlei persönliches Unglück
bestimmte ihn zur Annahme des Rufes, dem
er sich zunächst widersetzen wollte. Zweiflern
gegenüber berief er sich auf biblische Be
rufungserlebnisse. Wichtigste Charakteristika
seiner Tätigkeit waren Krankenheilungen und
Predigten. Das Bewußtsein, einen Propheten
zu haben, erweckte nativistische Tendenzen,
obgleich Kimbangu selbst kein Anti-Europäer
war, sondern im Gegenteil Zusammenarbeit
mit den Missionen wünschte. Die Ausbreitung
der Bewegung zwang Kimbangu, sekundäre
Propheten aus den Reihen seiner Schüler zu
ernennen. Die Bewegung brachte den prote
stantischen Missionen zunächst großen Zulauf;
nach der Verhaftung und danach erfolgter
Flucht des Kimbangu (Juni 1921) erfolgte
jedoch ein Massenabfall. Es entstanden revo
lutionäre Tendenzen. Einige Propheten pre
digten die bevorstehende Wiederkehr Christi.
Die Folgeerscheinungen waren ähnlich wie im
Urchristentum bei gleicher Erwartung: man
bestellte keine Felder mehr, meinte, man
brauche nun nicht mehr für die Zukunft zu
sorgen. Im September 1921 wurde Kimbangu
endgültig verhaftet, in einem Prozeß zum
Tode verurteilt, aber zu lebenslänglicher Haft
begnadigt.
Die Bewegung wurde nun zum Kult, dessen
Geheimnisse vor Nichteingeweihten gewahrt
wurden. Die anti-europäischen Tendenzen
verstärkten sich: man lehnte allen Kontakt
mit Europäern und europäischen Gütern ab.
Im Rahmen ngunzistischer Erneuerungen
(1932 und 1935/36) erfolgte eine merkwür
dige Evangelisationsbewegung, die vor allem
wieder in Einflußgebieten protestantischer
Missionen Boden gewann. Daraus resultierten
z. T. Schwierigkeiten seitens der Verwaltung
für die Mission. In den dreißiger Jahren war
der Ngunzismus eine rein nativistische Be
wegung mit mehr politischen als religiösen
Zielen. Es traten erneut visionär veranlagte