Buchbesprechungen
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wurde, konnte noch nicht geklärt werden).
Die zahlreiche Bevölkerung ernährte sich
hauptsächlich vom Fischfang, daneben wurde
Landwirtschaft betrieben (Funde von Mahl
steinen). Nördlich von Jaina liegt auf dem
Festland ein ähnlicher Fundplatz, Uaymil,
der stark geplündert ist. Ein großer Teil der
als „Jaina“ gehandelten Figuren dürfte von
Uaymil stammen. Auch an der Küste ver
streut finden sich Gräber.
Die Untersuchung der eingebrachten Funde
läßt erkennen, daß ältere Beziehungen nach
Süden (Feten) und in die Yucatanregionen
abgebrochen wurden zugunsten eines Flandels
nach der Golfküste (Tabasco, Vera Cruz).
Es wäre sehr zu begrüßen, wenn diese Ar
beiten fortgesetzt und auch auf das unmittel
bare Hinterland ausgedehnt werden könnten.
Die Klärung der Herkunftsfrage der Jaina-
Uaymil-Bevölkerung könnte wichtiges Ma
terial zur Frage der ethnischen Verschiebun
gen in der Gesamtregion beisteuern.
Zwei Arbeiten befassen sich mit den als
Quellen außerordentlich ergiebigen und noch
keineswegs ausgeschöpften mexikanischen Bil
derhandschriften.
Alfonso Caso (El Dios 1. Muerte) geht
den Trägern des Namens ce miquiztli (eins
Tod) nach. Als Name des Tezcatlipoca er
scheint er u. a. bei Sahagün. In den mixteki-
schen Codices ist die betreffende Gottheit als
Tonatiuh gekennzeichnet. Diese Gottheit trägt
im Vindobonensis eine Xipe-ähnliche Ge
sichtsbemalung, den senkrechten Augenstrich,
oder eine weiße Bemalung um die Mundpar
tie, wie sie kennzeichnend für Xochlpilli ist.
(Dieses Beispiel steht übrigens für viele, die
die außerordentliche Vielschichtigkeit des
mexikanischen Pantheons zeigen.) Im Nuttall
ist ein Priester mit Attributen des Sonnen
gottes und dem Namen ce miquiztli abgebil
det auf Blatt 17 oben links. Weitere Beispiele
der Handschrift zeigen einen Fürsten dieses
Namens, wieder mit der Xipe-ähnlichen Ge
sichtsbemalung, auf Blatt 79 unten. Er kommt
mehrfach mit dem bekannten chicuei mafatl
(acht Hirsch) und naui ocelotl (vier Jaguar)
zusammen vor. Im Bodley ist dieser Fürst ce
miquiztli vor einem Cerro del Sol abgebildet
(33—IV), als Kopfschmuck einen Ausschnitt
der Sonnenscheibe tragend.
Eines der Probleme in den mixtekischen
Codices ist die Klärung der Frage nach der
Residenz dieses Priesterkönigs, der ohne Zwei
fel eine sehr bedeutende Rolle unter den
mixtekischen Fürsten seiner Zeit spielt. Ver
schiedene Anzeichen (Nuttall 80 oben) spre
chen für einen küstennahen Ort, wobei un
gewiß ist, ob es sich um die pazifische oder
um die Golfküste handelt. Es ist möglich, daß
nach dem 12. Jahrhundert die Abhängigkeit
der mixtekischen Fürsten vom Cerro del Sol
als politischem oder religiösem Zentrum zu
bestehen aufhörte.
Karl Anton Nowotny (Die Hierogly
phen des Codex Mendoza) behandelt den Bau
einer mittelamerikanischen Wortschrift an
hand des im Codex Mendoza vorliegenden
Materials. Die zeitgenössischen Interpretatio
nen der Hieroglyphen dieser Handschrift
werden einmal in alphabetischer Übersicht
zusammen mit einer „orthographischen“ Ana
lyse vorgestellt, eine zweite Übersicht bringt
in sachlicher Ordnung die hieroglyphischen
Elemente. Die die Schrift darstellenden Hiero
glyphenkombinationen verwenden zum größ
ten Teil klare Wortbilder und sind — im
Gegensatz zu der allgemeinen Bezeichnung —
nicht rebusartig zusammengesetzt. Die An
wendung der Schrift in verschiedenen Berei
chen zeigt, daß sie den Bedürfnissen der Zeit
vollkommen entsprach und sich daher auch
noch lange in der Kolonialzeit (besonders in
der Verwaltung) halten konnte.
Die Ergebnisse der Analyse der aztekischen
Hieroglyphen haben auch eine gewisse for
male Bedeutung für die Untersuchung der
Mayahieroglyphen sowohl in Hinsicht auf
(nicht bildliche) Ähnlichkeiten wie auch im
Aufzeigen von Gefahren der Fehlinterpreta
tion.
Nur einige der zahlreichen Beiträge konn
ten hier herausgegriffen und kurz besprochen
werden. Sie sagen noch nichts über den Ge
samtrahmen des Buches, Innerhalb dessen die
verschiedensten Zweige der Amerikanistik zu
Worte kommen. So ist auch, um nur noch ein
Beispiel zu nennen, die moderne ethnogra
phische Feldforschung vertreten mit folgen
den Namen: Hans Dietschy (Das Häupt
lingswesen bei den Karaja), Karin H i s s i n k
(Die Medizinmann-Trommel der Tacana),
Hans Becher (Xelekuhahe. Das Stockduell
der Surära- und Pakidäi-Indianer. Ein Bei
trag zum Problem der „Nilotenstellung" und
der Tonsur in Südamerika).
Leider vermißt man in dem sonst gut redi
gierten Band eine Würdigung der Arbeiten
und Forschungsreisen des Jubilars.
B. Spranz