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C. A. PURPUS
oberhalb der Quelle stießen wir auf Gräber. Die Schädel der hier Bestatteten waren mit
Scherben von großen Tongefäßen roher Arbeit bedeckt.
Südlich von dem kleinen Dorfe Caltepec erhebt sich ein Berg, der Coatepe „Schlangen
berg“ genannt wird, — ein Name, mit dem die Indianer auch einen kleinen Baum, die
E ysenhar dtia a morphoides H. B. K., bezeichnen. Der Berg fällt nach zwei Seiten ziem
lich steil ab, auf der Westseite nach einem kleinen Bache, der Rio Hondo genannt wird.
In der Mitte des Berges streicht ein Felsgrat von Süd nach Nord. An der westlichen Seite
dieses Grates zieht sich eine kyklopische Mauer hin, und unterhalb dieser stießen wir auf
Steinhaufen, Reste von Wohnungen. Der Boden war mit Tonscherben, Massen von Obsidian
splittern und kleinen Stücken von Grünstein (Diorit) bedeckt. Meine Begleiter sprachen die
Ansicht aus, daß hier eine Werkstätte für die Anfertigung von Pfeilspitzen und Steinbeilen
sich befunden habe.
Im Osten des Dorfes Caltepec ragt eine sehr steile Trachyt- und Basaltkuppe
empor, die, durch hohe Felswände geschützt, eine natürliche Festung darstellt. Der Berg
wird Cerro delTambor genannt. In seiner Mitte erhebt sich ein riesiger Steinhaufen, aus
lose übereinander geschichteten Steinen aufgebaut. Auch hier waren Reste von Wohnungen
vorhanden, Massen von Tonscherben, zum Teil von feiner Arbeit, und ein Mahlstein (metlatl)
mit der zugehörigen Handwalze (metlapil).
Unterhalb Caltepec entspringt der oben genannte Rio Hondo und vereinigt sich bald
darauf mit dem Rio de San Francisco, der aus einer hohen Bergkette an der Grenze der
Staaten Puebla und Oaxaca hervorbricht. Der vereinigte Fluß wird weiter unten Rio de
Santa Lucia genannt. Er bildet an vielen Stellen die Grenze zwischen den Staaten Puebla
und Oaxaca. Längs dieses Baches stößt man an, vielen Stellen auf Reste von Wohnungen,
Steinhaufen, Grabstätten. Alles spricht dafür, daß diese Gegend ehemals dicht bevölkert war.
Von diesem Flusse aus machten wir eine Tour nach dem Rancho Los Naranjos, der
schon zum Staate Oaxaca gehört. Er liegt an einer Quelle, wo sich ehemals ein Nonnen
kloster befand. Östlich von diesem Rancho erhebt sich ein steiler Berg, dessen Spitze fast
unzugänglich erscheint, der Cerro delMuerto. An diesen schließt sich nach Westen der
sogenannte CerrodelPotrero, ein Trachyt- und Basaltberg, der nach mehreren Seiten hin
mit fast senkrechten Felswänden abstürzt, auf dessen Kuppe sich aber eine ziemlich aus
gedehnte ebene Fläche befindet. Wir bestiegen diesen Berg; ziemlich in der Mitte der ebenen
Fläche kamen wir zu zwei großen Steinhaufen, um die sich eine halbzerfallene Mauer zog.
Am Fuße der Steinhaufen lagen schön behauene Säulen und Quadersteine aus Tuffgestein,
von Sträuchern überwachsen. Auch Grundmauern von Wohnungen fanden sich vor. Als
wir die Umgebung des größeren dieser beiden Steinhaufen untersuchten, kamen an den Seiten
der Pyramide, unter Steinen halb versteckt, zwei roh aus Lavagestein gearbeitete Idole
von ansehnlicher Größe zum Vorschein. Auf der Spitze des Steinhaufens selbst lag, unter
Steinen verborgen, ein großes Seeschneckengehäuse, wie es als Blasinstrument von den
Alten verwendet wurde. Später fanden sich in der Anlage noch acht solcher Stücke. Die
meisten waren an einer Seite von einem Loch durchbohrt. An der Südseite des Steinhaufens
fiel eine mit großen Steinen eingefriedigte Stelle in die Augen. Beim Aufgraben wurden
schon in den oberflächlichen Schichten schön geschliffene Perlen und zwei Schmuckscheiben
aus Jadeit gefunden. Beide waren mit Löchern zum Anhängen versehen. Auf der einen waren
verschiedene Kreise, auf der andern vier Rinnen in Kreuzform eingeschliffen. Weiter wurde
ein kleines Idol gefunden, mit spitzkegelförmiger Mütze und großen Glotzaugen, das hinten
ebenfalls zwei Löcher zum Durchziehen einer Schnur hatte. Sodann eine kleine Reibschale
aus Lava und zwei zuckerhutförmige Objekte aus Lava, die innen ausgehöhlt und außen
mit Rinnen versehen waren, die in Dreieckform ausliefen. Schädel und Skelettreste, wie es
scheint von zwei Personen, einem Manne und einer Frau, wurden gefunden. Die Felswände