DIE INTIWATANA (SONNENWARTEN)
IM ALTEN PERU
MIT 8 BILDERN UND 3 FIGUREN
VON
ROLF MÜLLER, POTSDAM.
Nach Beendigung rein astronomischer Studien und nach Auflösung der deutschen
astronomischen Beobachtungsstation in La Paz (Bolivien) unternahm ich in Gemeinschaft
mit Prof. Posnansky aus La Paz eine fast vierwöchige Studienreise zu den Ruinenstätten
Cuzco, Machu-Pijchu, Ollantaytampu und Pisac. Der Hauptzweck dieser Reise war
für mich die Erforschung der sogenannten „Intiwatana“ in den Ruinen des alten Peru.
Intiwatana heißt wörtlich übersetzt; ,,Ort an dem man die Sonne anbindet“, bedeutet
also etwa ,,Sonnenwarte“. In allen Berichten, die uns aus älterer Zeit überliefert sind, wird
schlechthin von astronomischen Observatorien oder astronomischen Beobachtungsstätten
der Inka gesprochen. „An diesen Orten“, so heißt es ungefähr, „beobachtete man die
Stellung der Sonne in den Solstitien und legte die Jahreszeiten fest“ usw. Ich glaube, daß
man mit solchen allgemeinen Redensarten z. T. recht falsche Vorstellungen über die astro
nomischen Kenntnisse der Inka erweckt hat. Die Frage aber, wie oder mit welchen Hilfs
mitteln man den Sonnenlauf verfolgte, hat man bisher noch nicht näher geprüft oder zu
beantworten versucht. Man neigt heute in Peru allzu leicht dazu ,Monumente oder Bauten,
die sicherlich nichts mit einer „Sonnenwarte“ zu tun hatten, „Intiwatana“ zu nennen. Ich
hoffe, daß dasBeobachtungsmaterial, welches wir auf unserer immerhin zeitlich beschränkten
Reise Zusammentragen konnten, einen Beitrag zur Frage der Bedeutung der Intiwatana liefert.
Die mitgeteilten geographischen Positionen wurden durch Theodolitmessungen und Ab
hören des funkentelegraphischen Zeitsignales von Washington bestimmt.
Ich möchte an dieser Stelle nicht versäumen, Herrn General Kundt, Chef der bolivia
nischen Armee, für die leihweise Überlassung der drahtlosen Empfangsstation und Herrn
Pater Descotes vom Jesuiten-Colleg in La Paz für seine Hilfe und wertvollen Ratschläge
meinen besten Dank zu sagen. Durch die Vermittlung des peruanischen Gesandten in
Bolivien, Sr. Bustamante Ballivian, wurden unsere Studien in weitestgehender Weise unter
stützt und gefördert. Allen peruanischen Behörden und den Herren Professoren von der
Universität Cuzco sind wir zu großem Dank verpflichtet.
Cuzco.
Die geographische Lage des Beobachtungsortes (Plaza de Armas) ist folgende:
Geogr. Länge = 4 h 47 111 54® westl. Gr. 1
Geogr. Breite = — 13 0 31' 24"
Meereshöhe = 3403 m.
1 Bestimmung der Yale Expedition (Am. Journ. of Science XII, 1916). Geogr. Länge = 4 h 47™ 56*. Geogr. Breite
= — 13° 3 1 ' 2 9"-