OTTO PEIPER
und flechten es kunstreich unter Bildung mehr oder weniger zahlreicher, von vorn nach
hinten ziehender Scheitel, so daß im Nacken eine Reihe kleiner gekrümmter Zöpfchen hängen.
Mit roter Ockererde betupfen sie noch die Frisur mit roten Tupfen. Bei festlichen Gelegen
heiten stecken sie rote Granatblüten ins Haar. Derartige Frisuren tragen auch schon kleine
Mädchen.
Die Ohrmuscheln werden schon in der Kindheit an drei Stellen durchlöchert, durch
Einstecken immer größerer Pflöcke allmählich erweitert, und schließlich werden umfangreiche,
aus buntem Papier hergestellte, in den Inderläden käufliche Rohen in den Löchern befestigt.
Vielfach reißen die dergestalt erweiterten und beschwerten Ohrläppchen durch; vertrauens
voll wandten sich dann die Frauen an den deutschen Stationsarzt, der in mühsamer Arbeit
das Vertrauen der farbigen Schönen durch eine wohlgelungene Operation belohnte.
Viele Mädchen und Frauen durchbohren den rechten Nasenflügel in der dort liegenden
Falte und befestigen dort mittels eines kleinen, korkenzieherartig gewundenen Drahtes ein
kleines goldenes Sternchen, — eine den indischen Frauen abgesehene Sitte.
Um den Leib unterhalb der Brüste tragen sie eine Glasperlenschnur, eine ebensolche
Peilenschnur liegt lose um die Hüften,
Frauen und Mädchen tragen schließlich Halsketten, Arm- und Beinringe sowie Finger
ringe; meist handelt es sich um wertlosen Schmuck aus imitiertem Bernstein. Nur die Frauen
Reicher tragen Silberschmuck nach indischer Sitte.
Gesicht, Brust und Arme werden vielfach tätowiert. Entweder handelt es sich um ein
faches Aufträgen von Tupfen und Strichen mit schwarzer Farbe, oder es werden derartige
Tupfen und Striche mit ätzenden Pflanzensäften hergestellt: es bilden sich zunächst wunde,
mit Borke belegte Stellen; nach Abfall der Borke bleiben hellgefärbte Flecke zurück,
die sich bald entsprechend der Hautfarbe der Trägerin dunkler färben und zur Keloid
bildung neigen. Zahlreiche verdickte harte Knoten in Form von großen Perlen zieren dann
die Haut der Trägerin.
Als Bekleidung dient den Küstenfrauen ein buntes Kattuntuch in, der wechselnden
Mode unterworfenen, Farben und Mustern, das von hinten um den Oberkörper gelegt ober
halb der Brüste übereinandergelegt und durch Einrollen befestigt wird. Diese Tücher, bis
zum Knie hinabreichend, stammten meist aus den Baumwoll- und Kattun-Fabriken von
Bombay. Ein zweites solches Tuch wurde wie ein Umschlagetuch über die Schultern gelegt
oder derart über Stirn und Kopf gehängt, daß es hinten wie ein Schleier hinabwallte.
Schöngeflochtene Sandalen und ein schwarzer Regenschirm vervollständigen den Anzug
der wohlhabenden Küstenfrau.
Männer und Jünglinge tragen ein mit Ledergürtel um die Hüften festgehaltenes Lenden
tuch aus Kattun, darüber ein iangwallendes weißes Hemd aus weißem Baumwollstoff,
Leinen oder Mull, das vielfach gestickt war, und eine weiße gestickte Mütze, wohlhabendere
noch Sandalen. .
Kleinere und größere Kinder gehen nackt oder tragen Hemdchen oder mit Gürteln
befestigte Lendentücher.
Erwachsene Männer tragen ebenso wie Jünglinge und Knaben den Schädel völlig glatt
rasiert; Frauen wird nur als Zeichen der Trauer der Kopf rasiert.
Eine allgemein verbreitete Sitte, die wohl mit den Gesetzen des Islam, dessen Anhänger
die Küstenbewohner wenigstens äußerlich sind, zusammenhängt und hygienische Gründe
hat, verlangt, daß die Achsel- und Schamhaare bei Männern und Jünglingen, Frauen und
Mädchen epiliert, zum mindesten aber rasiert oder stark beschnitten werden.
Arabische und indische Sitten in der Tracht sind bei den Wohlhabenden weitverbreitet.
Abgesehen von imitiertem indischen Schmuck tragen die Frauen öfters anstelle der oben
beschriebenen Tracht kurze Leibchen, eine Art Büstenhalter, und lange, ziemlich eng an den